Hoffnungslose Fälle? Gibt es nicht.
"Dein Job ist es, die Jugendlichen in Mathe auf irgendeinen Abschluss vorzubereiten", war die Arbeitsanweisung, mit der für mich alles begann. Klang einfach - war es nicht. Denn die Schülerinnen und Schüler, die dieses Sozialprojekt mitten in einem Kölner Brennpunkt besuchten konnten so gut wie nichts und ich hatte keinen Plan, wie ich das ändern sollte. Dabei war ich als Prakitka-erprobter Sonderpädagogikstudent eigentlich sicher, bestens vorbereitet zu sein.
Anstatt zu verzweifeln und aufzugeben, habe ich mich damals gefragt: Was ist bei diesen Kindern in Mathe so komplett falsch gelaufen, dass selbst banale Plusaufgaben zur Herausforderung wurden. Und: Kann ich etwas tun, um ihnen doch noch den Einstieg in die Mathematik zu ermöglichen?
Spoiler: Ich konnte ;-)
Dyskalkulie? Rechenschwäche? Nennen wir es riesige unüberwindbare Matheprobleme
Das Ganze liegt über dreißig Jahre zurück. Damals waren Begriffe wie Dyskalkulie oder Rechenschwäche annähernd unbekannt, entsprechende Arbeitsmaterialien oder Fachliteratur Mangelware. Deshalb blieb mir nur ein Weg: Ich musste kreativ sein, experimentieren, ungewöhnliche Wege wagen, Rückschläge kassieren, Hoffnung bewahren immer wieder alles in Frage stellen und neu beginnen. Es waren spannende Zeiten und ich habe extrem vieles gelernt und verstanden. Und ich habe mit meinen Schülerinnen und Schülern Erfolge gefeiert.
Die Frage nach perfekter Matheförderung und die Zeit mit den Kindern des Projekts haben mich nie mehr losgelassen. Vielleicht auch deshalb, weil es nur wenig Schöneres gibt, als mit den richtigen Methoden Schüler:innen und Erwachsenen, die chancenlos wirkten und sich oft als Komplettversager:innen fühlten zu zeigen: Hey, du bist gut, schlau und vor allen: Auch du schaffst es in Mathe!
Mit eigenen Wegen zur erfolgreichen, selbst entwickelten Methodik
Sehr früh habe ich gemerkt, dass wirklich jede:r eine Chance hat, in Mathe voranzukommen. Und, dass Lehrbuchwissen und gängige Meinungen nicht immer hilfreich sind. Spätestens dann, wenn ich in Fortbildungen zeige, warum ich erst Minus und dann Plus einführe, wie ich mit Räuber- und Prinzessinnen-Rollenspielen die Angst vor dem Kopfrechnen verschwinden lasse, Knete in Bruchteile zerschnippele, mit Schüler:innen Schmähgedichte zu den Binomische Formeln texte oder die p-q-Formel im Stil der Känguru-Chroniken erarbeite wird klar: Der Erfolg für wirklich harte Matheprobleme liegt oft abseits der Mainstreamförderung.
Neben den fachlichen Fragen erkannte ich, dass der emotionale Bereich ebenfalls eine riesige Rolle für den Erfolg spielt. Wie ist das (mathematische) Selbstbewusstsein? Wie reagiert jemand in (mathematischen) Stresssituationen? Gab es prägende (Mathe-)Erlebnisse? Was hilft, das neue mathematische Können auch in Schule, Job oder Alltag souverän einzusetzen? Nur, wenn diese Fragen in einer Förderung ausreichend Raum bekommen und entsprechend aufgegriffen werden, kann es auch wirklich mit dem Durchbruch in Mathe klappen.
Mathe begreifen mit maßgeschneiderten Methoden
In meinen Förderstunden gehe ich voll auf die mathematischen und emotionalen Bedürfnisse meiner Teilnehmenden ein und frage mich: Wie kann ich diesem einen speziellen Menschen bestmöglich helfen? Das zu erfassen ist elementar, denn die Methoden, die für denen einen passen, können für den anderen komplett falsch sein. Das bedeutet, dass ich mit jedem Kind, Jugendlichen und Erwachsenen die Mathematik komplett individuell neu erfinde. Jede Stunde und jeder Weg, den ich gehe, ist quasi ein Unikat. Und das macht es auch heute nach all den Jahren immer wieder aufs Neue super spannend. Für mich und auch für die Teilnehmenden. Es ist eine Art Spaziergang, den wir gemeinsam unternehmen, bei dem wir vorher nicht genau wissen, durch welche Gegenden er uns genau führen wird, aber an dessen Ziel das Verständnis der Mathematik steht und das exakt so schnell, wie es für diesen einen Menschen möglich ist.
Erfahrung + Beobachtung + Wissen + Empathie = Erfolg in Mathe!
Mittlerweile blicke ich auf viele Tausend Stunden Matheförderung und unzählige Mathe-Analysen zurück, habe meine Fertigkeiten mit jeder einzelnen Sitzung ausgebaut und habe vor allem eines gelernt: Bei jedem Menschen mit Mathestress sind ganz unterschiedliche Gründe verantwortlich. Auch heute stoße ich immer wieder auf mir noch unbekannte Ursachen-Kombinationen. Der Grund für meinen Erfolg liegt auch darin, dass ich diese Ursachengflechte meiner Teilnehmenden ganz genau beobachte, analysiere und thematisiere. Das gelingt aufgrund meines Erfahrungsschatzes, meiner Beobachtungsgabe und vor allem meiner unbändigen Neugier und Offenheit.
Vor rund fünfzehn Jahren gründete ich das Rechentherapiezentrum Köln, eine inzwischen international bekannte Einrichtung für die Förderungen von Schüler:innen und Erwachsenen mit Rechenschwäche und Dyskalkulie. Da mich immer mehr eigentlich nicht rechenschwache, aber in Mathematik mutlose Menschen ansprachen, ob ich nicht auch ihnen helfen könne, baute ich das Konzept weiter aus und entwickelte so Mathevision.de.
Mittlerweile helfe ich gemeinsam mit meinem Netzwerk sowohl im Rechentherapiezentrum Köln, als auch online weltweit Schüler:innen und Erwachsenen.
In Stichpunkten:
- Mathecoach seit fast 30 Jahren
- Gründer und Leiter des Rechentherapiezentrums Köln, einer überregional bekannten Einrichtung für die Hilfe von Schülern und Erwachsenen mit Dyskalkulie
- Kopf von Mathevision.de, einem Projekt für alle Schüler und Erwachsene mit mit Mathestress vor Ort in Köln und virtuell über das Internet mit Youbtube-Kanal und Facebook-Seite
- Referent bei Lehrerfortbildungen, Elternabenden, Fachvorträgen
- Gastdozent (Uni Köln, Katholische Hochschule Köln, Studienseminare Köln; Siegburg, Düsseldorf, Ministerium Thüringen, deutsche Schule Katar etc.)
- Experte für regionale und überregionale Medien: Auswahl Print/TV/Radio/Internet
- Redner: Statistikimpuls
- Trainer für diverse Schulen und Bildungsträger